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NAVI
24. November 2016

Bling Bling Baby

Man braucht eine große Vanille Duftkerze, eine Hello Kitty, den Schweif eines Einhorns, einen halben Regenbogen und eine Prise Glitzer. Alle Zutaten waschen und halbieren, in einen Standmixer geben und mit flüssigem rosa Plastik auffüllen. Pürieren bis sich eine sämige Masse ergibt und mit Glitzer abschmecken. Das Ergebnis dieser Prozedur wird gerade im NRW Forum in Düsseldorf in der Ausstellung „Bling Bling Baby“ serviert. In einer Gruppenausstellung werden neue Tendenzen in der Fotografie gezeigt die das Künstliche feiern und vor dem Kitsch keine Angst haben. Letztendlich geht es um die Frage was der Unterschied zwischen Kitsch und Kunst ist und wo die Grenze verläuft. Die gezeigten Fotografen beziehen hierzu auf unterschiedliche Weise Stellung.
Eine Möglichkeit dem Kitschigen den Status von Kunst zu geben ist die Überzeichnung oder Übertreibung. Schon seit der Romantik wird diese immer wieder als Spielart in der Kunst herangezogen und hat auch für heutige Fotografiestars wie David LaChapelle nicht an Reiz verloren. Wenn er in „Rape of Africa“ die barbusige Naomi Campbell umgeben von Baby Satyrn mit Maschinengewehren als moderne Version von Venus und Mars inszeniert, brennt einem die Farbigkeit und der Überfluss nahezu die Hornhaut auf den Augen weg.
Eine andere Variante des Umgangs mit Kitsch ist ihn in Seriosität umzukehren. Wie wenn Miss Piggy mit Schlafmaske im Hotel Ritz ein Mittagsschläfchen macht. Oder die Ochsenknechts auf einem Schnappschuss im Club: Jimi Blue schaufelt sich Kaviar auf seinen Toast, Wilson Gonzalez guckt genervt in die Kamera, Natascha im Hintergrund hat keinen Bock mehr. Gezeigt wird ein scheinbar ganz normaler Tag im Leben dieser „Menschen“.
Eine dritte Möglichkeit ist die mehr oder weniger sachliche Dokumentation von Kitsch. Rapper in schwarz- weiß die ihren Bling und die Dollars in die Kamera halten oder die 36 Decks einer Luxusjacht. Keine Inszenierung, kein Drama, bloße Abbildung.
Einige der gezeigten Positionen beherrschen durchaus das Spiel mit der Grenze zwischen Kunst und Kitsch, vieles ist aber einfach nur Dekoration. Nur weil ein poppiges Blumenbild im Museum hängt ist es noch keine Kunst, sondern einfach nur ein nettes Blumenbild. In der Eröffnungsrede der Ausstellung heißt es „die Menschen sehnen sich nach etwas mehr Glamour“. Das kann man wohl ohne Frage unterschreiben, aber wen soll 2016 noch eine Ausstellung schocken, die sich mit dem Thema Überfluss und Künstlichkeit beschäftigt? In einer Zeit wo Persönlichkeiten wie Robert Geiss Stars sind, Essen nicht schmecken dafür aber instagramable sein muss und es tausende von Youtube Tutorials gibt, wie man sich auch noch die letzte Pore wegschminkt, wird sie eher zu Alltagsdokumentation. Vielleicht sogar zur unreflektierten Feier von falschen Idealen?
2013 setzt sich die Regisseurin Sofia Coppola in dem Film „The Bling Ring“ mit dem gleichen Thema auseinander. Der Film beruht auf einer wahren Geschichte und begleitet fünf Upper-Class-Jugendliche wie sie in die Villen von Hollywood Prominenten einbrechen. Sie macht das Lebensgefühl dieser, im Überfluss aufgewachsenen, Generation greifbar, gleichzeitig wird unserer Gesellschaft aber auch ein Spiegel vorgehalten. Das mag einem schmecken oder nicht, aber sollte Kunst nicht mehr sein als schön inszenierte Bilder? In diesem Sinn: Guten Appetit!

Bling Bling Baby!
19. November 2016 – 15. Januar 2017
Montag bis Sonntag: 11-18 Uhr
Freitag, Samstag & Feiertage: 11-20 Uhr
NRW-Forum Düsseldorf
Ehrenhof 2
40479 Düsseldorf