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4. Juli 2014

Der „Bilboom-Effekt“

Wie schafft man es das eine graue Industriestadt zu einer Metropole wird die jährlich tausende von Besuchern anzieht? 1997 hat die Stadt Bilbao, im spanischen Baskenland, ein Paradebeispiel hierfür geschaffen, welches so einzigartig ist, dass nach ihm ein Effekt der Gentrifizierung benannt wurde, der „Bilbao-Effekt“.

Der Schlüssel zu dieser Entwicklung war, so unwahrscheinlich es auch scheinen mag, ein Museum. Eine Dependance des Guggenheim der amerikanischen Solomon R.Guggenheim Foundation, zu dem noch weitere Museen, unter anderem in New York und Berlin, gehören. Mit dem Guggenheim zog eine hochkarätige Sammlung moderner Kunst, welche zwischen den einzelnen Niederlassungen hin und her wandert und das nötige Kapital für externe Wechselausstellungen auf Spitzenniveau nach Bilbao.Verpackt wurde das Ganze in Wellen von silbrig glänzendem und organisch verspielten Titan und Stahl, in Form gelegt vom kanadisch- US- amerikanischen Architekten Frank O. Gehry. Garniert mit zahlreichen kleineren baulichen Veränderungen von anderen Stararchitekten, wie Brücken oder Bürogebäuden und dem Ausbau des Flughafens und des öffentlichen Nahverkehrsnetzes. Das Konzept ist aufgegangen, die erwarteten jährlichen Besucherzahlen werden jedes Jahr übertroffen, ca. 1 Million Menschen besuchen Bilbao jedes Jahr, davon 60% aus dem Ausland.

Nun könnte man sagen: Ist doch toll wenn sich so viele Menschen für Kunst interessieren. Wenn in Bilbao die edlen Anliegen der Kulturvermittlung vor den Karren der Gentrifizierung gespannt werden, so hat das aber durchaus auch kritische Aspekte. Der „Zeit“ Architekturpublizist Dr. Gert Kähler hinterfragt den Effekt so: „Die Kultur als, Pardon, Klitoris der Stadtsanierung, und der Star Architekt als Viagrapille?“

Nun dieser „Star Architekt“, Frank O. Gehry, kann wohl kaum übergangen werden und zwischen Lieben und Hassen gibt es hier ziemlich wenig Spielraum. Ja, Gehrys computergenerierte, dekonstruktivistische Bauten sind einzigartig, spektakulär und haben einen hohen Wiedererkennungswert. Doch genau in dieser markanten Handschrift liegt auch das Problem, denn kennst du eins, dann kennst du alle. Was aber die Stadtentwickler von Abu Dhabi über Berlin bis Herford nicht davon abhält, eines dieser „Schmuckstücke“ errichten zu lassen. Bauten die sich nirgendwo organisch ins Stadtbild einfügen, sondern immer „Hallo hier bin ich“ mit wedelnden Armen und durchs Megafon schreien und in einem Zug noch alles um sich rum plattmachen. Sie werden Nummer Eins im jeweiligen Touristenführer und zum Wahrzeichen der Stadt. In zwanzig Jahren wenn sich endlich jede Metropole, oder solche die es werden wollen, ein Gebäude von Gehry hat bauen lassen, werden wir die Postkarten nur noch anhand der Schriftzüge mit dem jeweiligen Stadtnamen unterscheiden können. Ein weiteres Merkmal von Gehrys Architektur ist, dass sie selbst als Skulptur betrachtet wird. Möge man dieses bewundern oder es abstoßend finden, außer Frage steht das die Bauten sich von ihrem Inhalt emanzipieren.

Ach was war noch mal im Guggenheim in Bilbao? Kunst? In Kürze mehr…