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19. Oktober 2015

Schuhabdrücke in Antwerpen

Um zu verstehen wie die belgische Stadt Antwerpen zur Mode kam, muss man etwas weiter ausholen. Hier eine kleine Geschichtsstunde:
1663 wurde die königliche Akademie der schönen Künste gegründet, die neben Malerei und Bildhauerei ihr Spektrum 1963 um Fotografie, Goldschmiedekunst, Grafikdesign und Mode erweiterte. Zunächst orientierte sich die Ausbildung angehender Modeschöpfer am Pariser Chic und vor allem das Handwerk wurde hoch gehalten. In den 1960-70 Jahren als Antwerpen sich durch eine lebendige Kunstszene, einige wichtige Galerien und den Austausch mit anderen europäischen Künstlern hervortat, begann auch die Modeszene sich zu verändern. Die erste Generation Modedesigner löste sich von ihrer traditionellen Ausbildung und ging eigene Wege. Zu ihnen gehörten unter anderem Dries van Noten und Martin Margiela, heute weltweit gefeierte Designer. Durch innovative Ideen schuf sich Antwerpen ein eigenes modisches Profil, welches sich weniger durch zahlreiche Fashionshows, sondern mehr durch das Schaffen von guten Rahmenbedingungen für den Start auszeichnet. Heute befindet sich die Abteilung Mode der Akademie mitten im Zentrum von Antwerpen, auf der Flaniermeile mit den ganzen großen Designermarken, in einem Gebäude mit dem MoMu, dem Modemuseum.
Zur Zeit läuft hier die Ausstellung „Foot Print- Die Spuren von Schuhen in der Mode“, in der es um Schuhe geht und zwar solche die zu ihrer Zeit zu Klassikern geworden sind und so einen modischen Fußabdruck hinterlassen haben. Die Ausstellung muss man sich als abgedunkelte Räume mit Schuhen in Glasvitrinen vorstellen, zusammengefasst zu thematischen Gruppen wie Architektur, Rokoko oder Pop Art. Im Kontext der Präsentation von Mode, sei es nun Kleidung, Schuhe oder Schmuck, stellt sich immer das Problem, dass die Dinge ohne den Träger eigentlich tot und somit nur schwer gut zu inszenieren sind. Die Ausstellung von Alexander McQueen im Viktoria und Albert Museum in London, in der seine Kreationen präsentiert wurden, setzte diesbezüglich unweigerlich Maßstäbe. Maßstäbe an die das MoMu natürlich nur schwerlich heranreichen kann, aber die Schuhe auf kleinen Podesten wie zum Verkauf zu arrangieren, da ginge doch mehr.
Hier und da gibt es ein begleitendes Video zur Schuhentstehung oder ein Gespräch mit dem jeweiligen Designer, leider ohne Ton. Zwei Videos stechen dabei besonders heraus, einmal wie eine Schuhdesignerin in wechselnden Schuhen Schlagzeug spielt und ein Musikvideo von Kanye West, gewohnt überzogen, vor der Kulisse seiner eigenen Schuhkollektion. Auch diese ohne Ton, was den Sinn an sich fraglich macht.
Die Vitrine mit Kanye ist übrigens die einzige mit Sneakers, sonst nur Highheels soweit das Auge reicht. Wirft man einen Blick nach draußen wo inzwischen alles von Hinz bis Kunz mit Sneakers durch die Straßen läuft und selbst der große Karl seine Chanelmodels in diesen über den Laufsteg schickt, fragt man sich wie diese Relation zu Stande kommt. Statt dem 132igsten Glitzerpump, wie wäre es da mal mit den Sneakers von Isabel Marant mit integriertem Keilabsatz  die vor einigen Jahren eine Schuhrevolution waren? Die Ausstellung ist übrigens gesponsored von Adidas, ja die mit den weißen Sneakers mit drei Streifen mit denen die Straßen voll sind, doch hier keine Spur.
Sucht man einen Verweis auf Schuhe in der Kunst, gibt es ein Paar von Ai Weiwei, der darf wohl einfach in keiner Ausstellung fehlen. Was ist mit den ausgefallenen Schuhkreationen der Surrealisten, wie zum Beispiel den Fellschuhen von Meret Oppenheim?
Doch ohne Frage lassen sich ein paar Schmuckstücke finden, wie zum Beispiel die Fetischschuhe von Louboutin. Also in diesem Sinn, immer schön weiter laufen.