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15. Juni 2016

Rezepte für die sanfte Emanzipation

Auf die Frage angesprochen für welche Art von Feministin sie sich halten würde, eher Alice Schwarzer oder doch eine jüngere Generation, weiß Kathrin Bauerfeind nicht so richtig wie sie antworten soll. Wer könnte es ihr verübeln, bei der Bezeichnung „Feministin“ denkt man noch immer an ein in Leinen gewickeltes Wesen mit frecher Kurzhaarfrisur, das in seinen Birkenstocks permanent kampfbereit des Weges kommt. Oder wie Frau Bauerfeind selbst sagt:“Feminismus kann es in puncto Humorlosigkeit mit dem Katholizismus aufnehmen.“
Diese Frau Bauerfeind, ihres Zeichens Journalistin, Moderatorin und Buchautorin ist letzte Woche Donnerstag in Düsseldorf angereist zur Lesung. Im Gepäck ihr neues Buch „Hinten sind Rezepte drin“. Nachdem mir ihr letztes „Mir fehlt ein Tag zwischen Sonntag und Montag“ an vielen Stellen praktisch aus der Seele gesprochen hat, sind flux zwei Karten für die Lesung gekauft. Dann das böse Erwachten, Katrin betritt die Bühne, hübsch wie immer und erzählt in ihrem Buch geht es um Männer und Frauen, die Rollen in denen sie sich bewegen und warum Frauen noch immer in so vielen Lebensbereichen benachteiligt werden. Bei mir schrillen sämtliche Alarmglocken, ich muss sofort an schon 135 Mal durchgenudelte Geschlechterklischees denken, an Themen wie schlecht Einparken, Cellulite und Diäten, der Blick wandert Richtung Ausgang. Doch natürlich tue ich Frau Bauerfeind damit unrecht, das kann sie besser und schweift nur selten in schon oft Gesagtes ab. Ihre Beobachtungen sind präzise und aus dem Leben gegriffen und kommen daher in einem Gewand aus Witz, Ironie und Leichtigkeit. Es geht um Männer, aber vor allem geht es um Frauen und die kleinen und großen Hürden des Alltags. Darum warum Männer oft einen auf dicke Hose machen obwohl sie keine Ahnung haben, während Frauen sich vornehm zurückhalten. Warum schon Jungs auf Bäume klettern und raufen dürfen, während Mädchen permanent Vorsicht vor Schürfwunden, Blasenentzündungen und Vergewaltigern hinter jeder Ecke eingeredet wird.
Wie ist sie nun, die moderne Frau nach Frau Bauerfeind? Nun ja, vor allem ein Wesen voller Widersprüche, irgendwo zwischen den „Single ladies“ von Beyoncé , Betty Draper und Pippi Langstrumpf. Deutlich wird, Frauen werden in vielen Bereichen, wie in der Berufswelt, immer noch benachteiligt oder dazu erzogen sich selbst in die Rolle der Benachteiligten zu fügen. Ohne Frage besteht Handlungsbedarf und zwar seit Gestern. Aber wie viel netter ist es doch selbst auf diesen Trichter zu kommen, begleitet von Frau Bauerfeind die mit Nikotinentzug, Heidi Klum und Gummibärchen kämpft, als sich die hundertste Predigt von Frau Schwarzer anzuhören? Wer also nicht mehr die Möglichkeit hat sich Frau Bauerfeind bei einer ihrer kommenden Lesungen anzugucken, dem bleibt noch das Buch voller Lach- und Sachgeschichten.